Donnerstag, 20. August 2015

Es ist schwierig einen Post überhaupt anzufangen, wenn man selbst nicht weiß,
was man denken soll.
Der Abflug ist mittlerweile so nah, dass ich keine Countdownapp brauche, 
um zu wissen, dass es nur noch acht Tage sind.
Acht verdammte Tage,
viel zu lang, viel zu kurz.

Diese Zeit ist nicht leicht, absolut nicht.
Viele Austauschschüler, wie etwa die Skandinavier oder die USA-Leute, aber auch alle, die nach Südamerika gehen, sind schon weg. Wir Kanadier sind mit die Letzten, fliegen Ende August, Anfang September, pünktlich zum Schulstart in BC am 07. September.
Das heißt einerseits, dass wir die Sommerferien noch genießen können.
Zeit mit unseren Familien, Freunden haben, anders als manche, die gerade einmal 2 Wochen frei hatten, diesen Sommer, bevor sie geflogen sind.
Aber andererseits bedeutet es auch, dass in den Whatsappgruppen mittlerweile ganz andere Themen besprochen werden. Während ich mir Gedanken über's Packen mache, haben die Norweger ihren ersten Schultag, berichten von Problemen mit Gastgeschwistern, Heimweh und und und.

Ich hab die Tage nicht runtergezählt, jedenfalls nicht richtig. 
Hab ab und zu drüber nachgedacht, jeden Freitag mit einer Mischung aus Vorfreude und Erschrecken festgestellt, dass wieder eine Woche weniger Deutschland bleibt, dass Kanada eine Woche näher ist.
Aber realisiert hab ich das nicht.
Und ich glaube, solange ich hier bin, solange alle um mich herum Deutsch sprechen,
solange ich in Gesichter sehe, die ich kenne,
wird mir mein Austauschjahr wie ein Hirngespinst vorkommen und nicht wie etwas, das wirklich passiert.

Es ist erstaunlich, dabei zuzusehen, wie viele von uns doch von einst himmelhochjauchzender Euphorie in sentimentale Abschiedstraurigkeit verfallen.
Wie oft habe ich in den letzten Monaten den Satz "Ich will eigentlich gar nicht weg" gehört oder auch selbst ausgesprochen? Irgendwann hab ich aufgehört, mitzuzählen.
Selbst den größten Austauschfanatikern wird in den Wochen vor dem Abflug klar, was für ein unglaublich großes Glück sie doch in Deutschland mit ihrer Familie, ihren Freunden haben.
Wir sind hier zu Hause, egal was wir uns vormachen.
Aber ich glaube, auch das gehört dazu. 
Dass man geht. Dass man das zu schätzen lernt, was man hier hat.
Hier zu Hause.
Es gibt ja diesen Spruch, dass man etwas erst verlieren muss, um zu merken, was es einem wirklich bedeutet hat.
Und auch das ist, wenn man so will, einer der Vorzüge, die so ein Austauschjahr hat.
Denn auch wenn wir gehen, auch wenn wir einige Zeit verloren scheinen.
Wir sind ja nicht für immer weg.
Ich komme ja wieder.
Und die Menschen, die einem wirklich wichtig sind, die gehen nicht einfach so verloren.
Und man geht denen nicht verloren.
Ich komme ja wieder.

Aufgeregt bin ich nicht. Ich bin vor allem unheimlich froh, dass ich diese Möglichkeit habe.
Die Möglichkeit, ein Jahr aus zu steigen, ein Jahr Pause zu machen,
alles, was ich bisher so hatte, alles, was ich war, aus einer anderen Perspektive zu betrachten.
Denn mein Austauschjahr hat mich schon jetzt, bevor ich überhaupt weg bin,
zu einem anderen Menschen gemacht.
Allein die Überlegung, wegzugehen und die Vorbereitung,
all die Gedanken und Gefühle,
nur diese Zeit ist es mir hunderttausend Mal wert,
mich dafür entschieden zu haben,
10 Monate in Kanada zu verbringen.
Und dabei kommt der richtige Austausch ja erst noch.

Mh. Eigentlich sollte das hier ein Post werden, über diese Zeit vor dem Abflug.
Mit allem, was dazu gehört, dem Packstress, den letzten Kontakten mit der Gastfamilie, den Verabschiedungen, der Vorfreude auf Kanada, den unzähligen vorerst letzten Malen.
Aber irgendwie hat das nicht so ganz geklappt.
Denn mein Gott, diese Zeit ist so unwirklich.
Wirklich unwirklich.

1 Kommentar:

Paula_ hat gesagt…

Oh Hannah... ich finde deine Blog-Einträge einfach mit am Besten (ich wollte wirklich nicht schleimen :D).Der Eintrag bringt einfach alle Gefühle, Gedanken und was gerade sonst noch so passiert auf den Punkt und wurde einfach mal wieder genial von dir geschrieben! <3